Onejiru Arfmann ist in Kenia und Wanne-Eickel aufgewachsen. Sie ist Musikerin und arbeitet im Stiftungsteam der Trinkwasserinitiative Viva con Agua. Aus Mombasa berichtet die Gründerin in einem Videotelefonat über den Zukunftskongress des Netzwerks Future Female Africa am 15. November in Hamburg
Onejiru, wann begannen die Planungen für den Zukunftskongress von Future Female Africa in Hamburg?
Onejiru Arfmann: Ich arbeite eigentlich schon mein Leben lang daran. Weil es alles beinhaltet, was mich sehr interessiert. Musik, gute Küche, Kunst und Mode. Spannende Themen, insbesondere wenn es um die Verbindung des Globalen Nordens mit dem Süden geht. Und jetzt habe ich die Möglichkeit, alles zusammenzubringen.
Die Idee für Future Female Africa kam dir in der Coronazeit. Was war der Anlass?
Ich hörte den Slogan „The Future is Female“ und von der großen Diskussion zu „What about Africa?“ Das war der Moment als ich dachte, das ist größer als eine Platte, die ich eigentlich geplant hatte. Darin sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft enthalten. Es entstand die Idee, eine Plattform, ein Netzwerk von Frauen, zu entwickeln, das sowohl online als auch ich realen Raum funktioniert. Es geht um eine gemeinsame Reise. In den verschiedenen Ländern gibt es Co-Hosts, die ich persönlich kenne. Wir starteten in Berlin, gingen nach Nairobi und schließlich nach Kampala. Dort lief es umgekehrt, wie wir es kennen. Sheros, wie wir sie nennen, aus dem Globalen Süden luden ein und eröffneten den Dialog. Es ist es wichtig, dass wir genau diese Brücke auch umgekehrt bilden. Auf der Convention am 15. November führen wir das im Kleinen erprobte nun im Großen zusammen. Und zwar in Hamburg, dem Tor zur Welt. Wo denn sonst?
Welche Frauen reisen an?
Bijou Fortunate kommt aus Kampala. Eine phantastische Frau, die in Uganda als Unternehmerin im Eventbereich und Managerin im Künstlerbereich arbeitet. Einige werden online per Video zugeschaltet. Spannend ist, wer aus Hamburg und Umgebung kommt. Dazu gibt es Liveauftritte, wie etwa von Nneka. Wir wollen die persönlichen Blasen aufbrechen und Räume der Begegnung schaffen. Das Ziel ist, die Convention jährlich in Hamburg stattfinden zu lassen. Wir werden alles, was wir auf unseren Reisen erlebt haben, zurück nach Hamburg bringen.
Wie ist die Lage für Unternehmerinnen, die in Afrika etwas auf die Beine stellen wollen?
Es betrifft auch Frauen im globalen Norden, aber im speziellen in Afrika, dass die Finanzierungsmöglichkeiten äußerst gering sind. Wenn etwas wie der Ukrainekrieg geschieht, lässt die Aufmerksamkeit für den afrikanischen Kontinent nach. Das passiert immer, weil Afrika keine Lobbyisten hat. Das ist nicht gut für die Entwicklung einer Zivilgesellschaft. Die meisten Start-ups werden von Frauen gegründet. Es ist oft eine One-Woman-Show. Wird sie krank oder nicht gefördert, ist das Start-up platt. Im nächsten Schritt sind die Förderungen mit vielen Auflagen verbunden. Wie will man sich da entwickeln und aus dieser Situation jemals rauskommen? Es geht nicht darum, dass Afrika als Kontinent arm ist, weil die Leute nichts tun. Es geht um Kontinuität. In Dinge zu investieren, die nicht sofort Erfolg versprechen. Deshalb gibt es Future Female Africa, um auf diese Sheros hinzuweisen.
Du warst jetzt vier Monate in Kenia. Wie entwickelt sich die Zivilgesellschaft dort?
Die GenZs lassen sich hier nichts mehr bieten. Sie gehen auf die Straße, um sich lautstark für ihre Ziele einzusetzen. Damit haben wir, glaube ich, eine internationale globale kleine Revolution gestartet. Das ikonischste Bild war, als ein junger Mann auf einer Demo mit einem Polizeipferd weggeritten ist. Das war früher undenkbar. Und es gab noch viele dieser Momente. Es zeigt, dass Demokratie jetzt besser funktioniert. Darum ist es gut, wenn hier nachhaltig investiert wird, um die Zivilgesellschaft zu unterstützen.
In Hamburg wird es Afro-Futuristic Conscious Cuisine geben. Wie lautet deine Vorstellung von der afrikanischen Küche der Zukunft?
Es geht um Ernährungsgerechtigkeit. Wenn wir sonst vom afrikanischen Kontinent reden, dreht sich alles um Ernährungssicherheit. Die Leute sind arm. Was finden sie zu essen? Aber man fragt ja selten, warum ist der Teller so leer? Der Zugang zu Ernährung ist ein Menschenrecht. Ich kann mich daran erinnern, was es bei meiner Großmutter zu essen gab. Wir hatten eine viel diversifizierte Ernährungsform. Mittlerweile gibt es oft nur noch gegrilltes Hähnchen als Grundnahrungsmittel. Wie können wir eine Rückbesinnung auf regionale Gerichte mit Kreativität verbinden? Wir wollen das Althergebrachte dekonstruieren und neue Techniken reinbringen. Es ist ein riesiger Markt und leistet einen Beitrag gegen den Klimawandel.
Welche Folgen hat die jetzige Ernährungspolitik?
Es gibt zu viele Monokulturen, die darauf ausgerichtet sind, den internationalen Markt zu beliefern. Meine Großmutter hat einst Mais angepflanzt, dazwischen Kartoffeln oder Bohnen. Das was man als Geographin, die ich ja bin, vorschlägt, gab es hier längst. Die Leute können es selber und brauchen keine Entwicklungshelfer:innen, die es ihnen sagen. Du glaubst nicht, wie teuer hier Kokosöl ist. Die Kokosnüsse werden exportiert und die Produkte teuer importiert. Ein weiteres Feld ist die Konservierung. Bei mir in der Nachbarschaft kriegt man jeden Tag von irgendwelchen Mangos aufs Dach, die alle zeitgleich reif werden. Es geht darum, die technischen Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, diese wertvollen Lebensmittel haltbar zu machen.
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