Das Onlinemagazin des Autors Matthias Greulich

Das Molotow zieht an einen legendären Ort

Der Musikclub wechselt 2025 vom Nobistor in das ehemalige Moondoo an der Reeperbahn


Im Dezember gibt es im Molotow am Nobistor einige Abrisskonzerte. Das letzte am Silvesterabend, wenn Team Scheisse auf der Bühne stehen werden. „Unser geliebtes altes Gebäude wird leider irgendwann abgerissen, wie vorher schon die Essohäuser, wo das Molotow früher war. Ob irgendwann das geplante Hotel gebaut wird, wagen wir nicht wirklich zu prophezeien“, schreibt Betreiber Andi Schmidt in seinem „Mologramm“, dem monatlichen Newsletter. Doch so traurig wie man meinen könnte, ist die Lage für das Molotow nicht. Der renommierte Musikclub wird zum Jahreswechsel in die Reeperbahn 136 umziehen, wo bislang das Moondoo beheimatet war. Dort spielten schon die Beatles, als der Laden noch Top Ten hieß. „Wir freuen uns extrem darauf, ab Anfang 2025 an diesem legendären Ort sein zu können“, sagt Schmidt. Knapp drei Monate bleibt der Club geschlossen. Für das Konzert von Temmis am 29. März gibt es schon Karten zu kaufen.

Vor einem Jahr mussten Musikfans das Schlimmste befürchten. Rund 5.000 Demonstrierende forderten damals „Molotow must stay!“ und die Hamburger Kulturpolitik half kräftig mit, um die drohende Schließung zu verhindern. Zunächst setzte sich Kultursenator Carsten Brosda (SPD) erfolgreich dafür ein, den Mietvertrag über den Sommer 2024 wenigstens bis zum Jahresende zu verlängern. Es ist, wie so häufig auf dem Kiez: Der Eigentümer will das Gebäude abreißen lassen und plant, dort ein Boutiquehotel zu eröffnen.

Durch Brosdas beherztes Eingreifen konnte verhindert werden, dass Konzertbesucher beim Reeperbahnfestival statt eines Bauzauns eine Bühne geboten wurde. Im September sah man Schmidt am Tresen zufrieden lächeln, als die niederländische Band Personal Trainer vor Gästen aus dem In- und Ausland auftrat. Der Punkmusiker mit den Koteletten hat seit 1990 ein gutes Händchen bei der Programmgestaltung bewiesen. Dennoch bedient der Club mit nicht den Mainstream. „Gute Konzerte von interessanten Bands, von neuen Bands“, beschreibt Andi Schmidt die Buchungsstrategie. Beim ersten Killers-Konzert in Hamburg sahen 40 Neugierige zu, heute kann man die US-Band nur noch in großen Hallen erleben. Ähnliches gilt für die White Stripes, Idles oder Mumford and Sons, die im Molotow gastierten, als sie kaum einer kannte.

Schmidt: „Wir haben immer wieder Bands, wo ich denke: Wow! Ob da jetzt viele Leute zuhören oder wenige ist gar nicht entscheidend.“ Einen kleinen Club wie er ohne Subventionen zu betreiben, sei kein Geschäftsmodell, weil er dieselben Produktionskosten wie ein großer Club habe. „Ob du ein Konzert wie hier für 350 Leute oder für 1.000 Leute veranstaltest ist relativ egal. Du brauchst dieselbe Anzahl von Technikern, Bühnenleuten und Einlassleuten – du kannst nur nicht soviel Tickets verkaufen.“ Hinzu kommt, dass sich die Clubmiete am Nobistor im Vergleich dem alten Mietvertrag in den Esso-Häusern vervierfacht habe.


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert